VGH Baden-Württemberg erklärt kommunale Verpackungssteuer für unwirksam
Um die ausufernden Müllberge durch Einweggeschirr und To-Go-Verpackungen einzudämmen, hat die Stadt Tübingen seit Anfang 2022 eine Verpackungssteuer erhoben. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 29.03.2022 (Az. 2 S 3814/20) entschieden, dass die Verpackungssteuer der Stadt unwirksam ist.
Die Stadt Tübingen ist bislang die einzige Kommune mit einer derartigen Steuer. Seit Januar zahlen Imbisse und Restaurants eine Abgabe von 50 Cent pro Einwegbecher oder Einweggeschirr und
-speiseverpackung, sowie 20 Cent für jedes Einwegbesteck-Set. Pro Einzelmahlzeit werden maximal 1,50 Euro fällig. Hiergegen hatte die Inhaberin einer Tübinger Fastfood-Filiale geklagt. Sie begründete dies damit, dass die Steuer im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes stehe. Sie zahle bereits Lizenzgebühren für ihre Beteiligung am Dualen System und die kommunale Verpackungssteuer führe zu einer zusätzlichen, erheblichen Belastung.
Aus Sicht der Richter verstößt die örtliche Verbrauchersteuer gegen das Abfallrecht des Bundes. Schon im Jahr 1998 habe das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass eine von der Stadt Kassel erlassene Verpackungsteuer mit dem abfallrechtlichen Konzept des Bundes unvereinbar ist, welches die Ziele der Vermeidung und Verwertung von Einwegverpackungen nach dem Kooperationsprinzip verfolge.
Gegen das Urteil kann die Stadtverwaltung Revision einlegen. Solange eine rechtwirksame Entscheidung nicht vorliegt, soll die Verpackungssteuer auch weiterhin erhoben werden.
Anmerkung:
Eine kommunale Verpackungssteuer stellt zwar einen denkbaren Ansatz zur Vermeidung von Einwegverpackungen dar, ist aber rechtlich – wie auch diese Entscheidung zeigt – umstritten. Nach Angaben der Stadt Tübingen, wirkt die Steuer. Das Müllaufkommen habe seit Einführung bereits um mehrere Tonnen abgenommen. Inwieweit die Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie hierauf Einfluss hatten, ist jedoch nicht bekannt. Gleichwohl stellen kommunale Verpackungssteuern in der Praxis immer einen Sonderweg dar. Finanzielle Folgewirkungen für die Gastronomie sollten insbesondere nach über zwei Jahren Corona-Pandemie bedacht werden.
Mit Blick auf Einwegverpackungen weist im Übrigen das neue Verpackungsgesetz des Bundes einen sinnvollen Weg. Dieses Gesetz muss nun konsequent angewendet werden und es sollten auch die Hersteller von Verpackungen gezielt an den Kosten der kommunalen Stadtreinigung beteiliget werden.