Zunahmen von Angriffen auf Amts- und Mandatsträger
Im vergangenen Jahr sind Straftaten gegen Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger deutlich gegenüber dem Vorjahr 2023 gestiegen. Laut einer vorläufigen Auswertung des Bundesinnenministeriums hat sich die Zahl derartiger Delikte um 20 Prozent auf mehr als 4.920 Taten erhöht. Dabei sind insbesondere auch Kommunalpolitikerinnen und -politiker von Anfeindungen und Gewalt betroffen. Die Zahl kann dem Bericht zufolge noch steigen, weil die Polizei entsprechende Taten aus dem Jahr Ende 2024 noch bis Januar an das Bundeskriminalamt nachmelden konnte. Aus kommunaler Sicht ist der erneute Anstieg polizeilich registrierter Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger alarmierend und nicht mehr hinnehmbar. Wenn Menschen nicht mehr bereit sind, die vielfach ehrenamtlichen politischen Ämter zu übernehmen oder zurücktreten, droht uns ein ernsthafter Schaden unserer Demokratie.
Die unlängst veröffentlichten Zahlen zu Angriffen gegenüber Amts- und Mandatsträger gehen aus einer Auswertung des Bundesinnenministeriums hervor, die als Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linken erfolgte. Dabei handelt es sich um angezeigte politisch motivierte Straftaten gegenüber Amts- und Mandatsträger auf EU-Ebene, Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, die auf der Basis der kriminalpolizeilichen Statistik durch das Bundeskriminalamt im Zeitraum vom 21.12.2023 bis 31.12.2024 erfasst wurden.
Danach wurden im Jahr 2024 mehr als 4.920 Straftaten erfasst, während es im Jahr 2023 zum selben Stichtag lediglich 4.047 Taten gab. Bei dem Großteil der Taten handelt es sich etwa um Beleidigungen, Nötigungen, Propagandadelikte oder Sachbeschädigungen. Nur ein kleiner Teil davon sind Gewaltdelikte. Diese Zahl ist jedoch leicht von 94 im Jahr 2023 auf 99 im Jahr 2024 gestiegen.
Die meisten der Straftaten fanden in Bayern und Baden-Württemberg statt, gefolgt von Nordrhein-Westfalen und Berlin.
Anmerkung:
Die veröffentlichten Zahlen des Bundesinnenministeriums und des Bundeskriminalamts zeigen einen sich fortsetzenden besorgniserregenden Anstieg politisch motivierter Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger. Diese erschreckende Entwicklung trifft vor allem auch politisch Engagierte auf kommunaler Ebene, insbesondere haupt- wie ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister oder Gemeinde- und Stadtratsmitglieder, aber auch kommunale Beschäftigte im Rathaus, Rettungsdienst und der Feuerwehr.
Es handelt sich dabei um Hass, Beleidigungen, Bedrohungen und Gewalt, die diese Menschen in ihrem Amt bzw. Mandat und auch ihre Familienmitglieder persönlich und insbesondere im digitalen Raum oft mehrmals erleben. Insbesondere in Zeiten politischer und gesellschaftlicher Krisen und Unruhen, wie dies in Zeiten des Wahlkampfes, der Zunahme extremistischer Einstellungen und polarisierender Debatten, der Fall ist, werden gerade die politisch Engagierten zur Projektionsfläche des Unmuts und des Zorns mancher Bürgerinnen und Bürger und kriegen Hass und Anfeindungen deutlich zu spüren. Dass sich diese Entwicklung nun auch in der kriminalpolizeilichen Statistik wieder findet, ist auch ein Hinweis darauf, dass die Anzeigebereitschaft solcher Straftaten zugenommen hat. Denn nur angezeigte Straftaten finden sich in der Statistik des Bundeskriminalamtes wieder.
Dass der zunehmende Hass und die Anfeindungen, gerade gegenüber ehrenamtlich kommunalpolitisch Aktiven, massive Folgen für unsere Demokratie hat, zeigen die Erkenntnisse der seit dem Jahr 2021 immer wiederkehrenden Befragung des sog. „Kommunalmonitoring zu Hass und Hetze“ des BKA gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden. Danach leider 82 Prozent an physischen und psychischen Folgen, insbesondere weibliche Kommunalpolitikerinnen sowie die ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und -politiker. Fast 30 Prozent der Betroffenen will bei den nächsten Kommunalwahlen nicht mehr antreten, eine Vielzahl erwägt zumindest ihren Rückzug. Das Anfeindungsgeschehen und der raue Ton wirkt sich negativ auf die Attraktivität der Ämter und Mandate aus.
Diese Entwicklung darf nicht hingenommen werden und sollte uns alle etwas angehen: Gefordert ist die Politik auf allen Ebenen, die Sicherheitsbehörden, Justiz, aber auch die Medien und die Gesellschaft Haltung zu zeigen, den Betroffenen Rückhalt zu geben, Hass und Hetze etwas entgegenzusetzen und dafür zu sorgen, dass Straftaten, aber auch zahlreichen Taten, die sich unterhalb der Strafbarkeitsschwelle bewegen, konsequent zu verfolgen und zu ahnden. Dafür bedarf es zusätzlich zu den bereits ergriffenen zahlreichen Maßnahmen von Bund und Ländern zum Schutz kommunaler Amts- und Mandatsträger:
- Ausreichend sensibilisiertes und spezialisiertes Personal bei den Sicherheitsbehörden und der Justiz um Straftaten im realen Alltag, aber vor allem im digitalen Raum, erkennen und konsequent verfolgen zu können,
- Das Selbstverständnis, dass Straftaten gegen das politische und dem Gemeinwohl dienende Amt, stets im öffentlichen Interesse liegen und geahndet werden müssen,
- Erweiterung der Straftatbestände, um niedrigschwellige, aber ebenso massiv wirkende, Angriffe und diffuse Drohungen, auch gegenüber Familienmitgliedern der Betroffenen und bei Taten, die sich im persönlichen Wohnumfeld der Betroffenen ereignen,
- Stärkere Verantwortung der sozialen Netzwerkbetreiber im Kampf gegen Hass und Desinformation, damit das Netz nicht zum rechtfreien Raum wird,
- Eindeutige Haltung, Solidarität und Rückhalt gegenüber Kommunalpolitikerinnen und -politikern von allen Seiten.
Die kommunalen Spitzenverbände unterstützen Betroffene mit dem Online-Portal Stark im Amt mit Informationen und Kontaktadressen zu Beratungsstellen und Hilfsangeboten. Seit August 2024 ist dort auch die vom Bundesinnenministerium geförderte Ansprechstelle zum Schutz von kommunalen Amts- und Mandatsträger „starke Stelle“ integriert.