Öffentlicher Gesamthaushalt 2024 nach ESVG
Am 25. Februar 2025 hat das Statistische Bundesamt die vorläufigen Ergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts in der Abgrenzung des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) veröffentlicht. Dies sind auch die Daten, die an das Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat) weitergeleitet werden und Grundlage für die Überwachung der Haushaltslage in den EU-Mitgliedstaaten sind. Ansonsten spielen die ESVG-Zahlen in Deutschland aber eine eher untergeordnete Rolle. Hier ist die Kassenstatistik entscheidungsrelevant, die Ergebnisse werden voraussichtlich Ende März bzw. Anfang April vorliegen.
Nach ESVG belief sich das Finanzierungsdefizit des Staates im Jahr 2024 auf -118,8 Mrd. Euro (inkl. Sozialversicherung). Das Defizit fällt somit nochmals 15,0 Mrd. Euro schlechter als im Vorjahr aus. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt in jeweiligen Preisen errechnet sich für das Jahr 2024 eine Defizitquote von 2,8 Prozent (2023: 2,5 Prozent).
In Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen standen Einnahmen von 2.012,9 Mrd. Euro (+4,8 Prozent) Ausgaben des Staates in Höhe von 2.131,6 Mrd. Euro entgegen (+5,3 Prozent). Die Steuereinnahmen legten um 3,5 Prozent zu, die Sozialbeiträge um 6,5 Prozent. Gegenüber dem Vorjahr stiegen auch die Zinseinnahmen (+13,9 Prozent) und die Einnahmen aus der Lkw-Maut aufgrund des im Dezember 2023 eingeführten CO2-Zuschlags signifikant. Auf der Ausgabenseite zogen vor allem die Sozialleistungen mit +7,0 Prozent deutlich an, was vor allem auf höhere Ausgaben für Renten und Pensionen zurückzuführen ist. Mehrausgaben beim Pflegegeld und für das Bürgergeld sind ebenfalls ursächlich für den Anstieg. Die sozialen Sachleistungen wuchsen mit 8,0 Prozent noch stärker auf. Dies lag unter anderem an Mehrausgaben für Krankenhausbehandlungen, Medikamente und Pflege sowie an höheren Ausgaben in den Bereichen der Jugend-, Eingliederungs- und Sozialhilfe. Zinswende sowie höhere Verschuldung hatten einen Anstieg der staatlichen Zinsausgaben im Vergleich zum Jahr 2023 um 24,2 Prozent zur Folge. Ein merklicher Ausgabenrückgang (-35,6 Prozent) ist hingegen bei den Subventionen feststellbar, was auf das Auslaufen der Entlastungsmaßnahmen für hohe Energiepreise zurückzuführen ist.
Zwar entfiel mit 62,3 Mrd. Euro noch gut die Hälfte des Finanzierungsdefizits auf den Bund, doch konnte der Bund sein Defizit im Vergleich zum Vorjahr um 30,5 Mrd. Euro deutlich verringern. Gänzlich anders sieht es bei den Ländern (-27,3 Mrd. Euro zu -9,0 Mrd. Euro in 2023) und Sozialversicherungen (-10,6 Mrd. Euro zu +9,0 Mrd. Euro in 2023) aus. Auch das kommunale Defizit erhöhte sich um 7,6 Mrd. Euro auf nunmehr -18,6 Mrd. Euro merklich.
Anmerkung:
Auch die ESVG-Zahlen zeigen, dass die Finanzsituation der Kommunen dramatisch ist. Die nochmalige deutliche Verschlechterung des kommunalen Finanzierungssaldos unterstreicht die strukturelle Unterfinanzierung der Städte und Gemeinden in Deutschland. Zu den ersten Aufgaben der dann neuen Bundesregierung gehört daher eine strukturelle Verbesserung der finanziellen Situation der Städte und Gemeinden, ansonsten erodiert die Basis unserer Demokratie mit den Kommunen als erste und bürgernächste Ebene des Staates weiter.
Zu den dringenden Maßnahmen gehört eine Entlastung bei den Sozialausgaben, die Einführung einer echten Konnexität, die auch nachträgliche Standardanpassungen und allgemeine Kostensteigerungen berücksichtigt, sowie eine Erhöhung der gemeindlichen Anteile an den Gemeinschaftssteuern.
Hingewiesen sei nochmals darauf, dass die Haushaltszahlen nach ESVG nicht zu verwechseln sind mit der für die Haushaltsplanung und -führung in Deutschland relevanten Haushaltszahlen der Kassenstatistik. So werden bei der ESVG nicht nur die Kernhaushalte, sondern auch die ausgelagerten Einheiten miteingerechnet. Die Zeitpunkte der Verbuchung von Einnahmen und Ausgaben können ebenfalls unterschiedlich sein. Ein anschauliches Beispiel hierfür sind die staatlichen Erlöse aus der Versteigerung der Mobilfunkfrequenzen, die in der Kassenstatistik beim Zahlungseingang verbucht wurden, während sie nach der ESVG anteilig als Pachteinnahme über den gesamten vertraglich vereinbarten Frequenznutzungszeitraum jährlich verbucht werden.
Für das abgelaufene Jahr 2024 ist auch nach der Kassenstatistik ein negativer Finanzierungssaldo in ähnlicher Höhe zu erwarten. Nach den ersten drei Quartalen 2023 standen die Kern- und Extrahaushalte der Kommunen bundesweit bei einem Defizit von 25,9 Mrd. Euro. Da das 4. Quartal in der Regel aufgrund deutlich höherer Steuereinnahmen besser ausfällt, ist mit einem negativen Finanzierungsdefizit um die 20 Mrd. Euro zu rechnen.
Weitere Informationen:
Destatis-Themenseite „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Inlandsprodukt“: www.destatis.de/DE/Themen
Defizitberechnung Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen: www.destatis.de/DE/Themen