Kommunalwald: „Die Bürokratie legt unseren Wald an die Kette“

Wandeweg Wald Natur

Der Gemeinsame Forstausschuss der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände „Deutscher Kommunalwald“ hat sich auf seiner Frühjahrssitzung am 11.04.2024 im baden-württembergischen Villingen-Schwenningen mit den Folgen der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) und der angekündigten Novellierung des Bundeswaldgesetzes befasst. „Wir befürchten, dass alle Waldbesitzenden in Deutschland, also auch die waldbesitzenden Städte und Gemeinden, durch überbordende Bürokratie an die Kette gelegt werden“, so der Vorsitzende des Ausschusses, Dr. Karl-Heinz Frieden (Geschäftsführendes Vorstandmitglied Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz) zur wachsenden Bevormundung einer bislang selbstbestimmten Waldbewirtschaftung durch EU und Bund. Frieden appelliert an die Politik, das bisherige Vertrauen des Staates in die Waldbesitzenden nicht durch ein Belastungspaket aus Ideologie und bürokratischer Gängelung zu ersetzen. Die Kommunalwaldvertreter fordern eine Politik, die sich auch weiterhin am Grundsatz der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit orientiert.

In den allgemeinen Tagesnachrichten findet das entwaldungsfreie Lieferkettengesetz viel Zustimmung. Soll es sich doch vernünftigerweise gegen Kinderarbeit, unfaire Bezahlung der Arbeitskräfte oder den Handel mit Agrarprodukten wie Soja oder Ölpalmen auf gerodeten Waldflächen richten. Dazu regelt die Verordnung in allen EU-Mitgliedstaaten, dass bestimmte Rohstoffe und Erzeugnisse nur dann in den Unionsmarkt ein- und ausgeführt oder darauf bereitgestellt werden dürfen, wenn diese nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen.

EUDR: Gut gemeint – handwerklich schlecht gemacht

Die Kommunalwaldvertreter begrüßen Maßnahmen zur Eindämmung der globalen Entwaldung und Waldschädigung. „EUDR ist gut gemeint, handwerklich jedoch schlecht gemacht. Sie überfordert die deutsche Forst- und Holzbranche dadurch, dass eine Kontrollbehörde auch für deutsche Wälder den Ort des Einschlages überprüfen will. Dafür müssen auch die kommunalen Waldbesitzenden die Geodaten der Grundstücke, auf denen Holz eingeschlagen wurde, mit tausenden weiteren Datensätzen in eine behördliche Datenbank der EU einpflegen. Was sich als „Dokumentations- und Sorgfaltspflicht“ der gesamten Wertschöpfungskette „sehr geschmeidig“ anhört, ist in Wirklichkeit das von der Politik selbst angeprangerte Bürokratiemonster“, so der Geschäftsführer des Ausschusses, Beigeordneter Bernd Düsterdiek (Deutscher Städte- und Gemeindebund).

Durch diese Entwaldungsverordnung wird weder in Deutschland noch in anderen europäischen Ländern mit nachhaltiger Forstwirtschaft auch nur ein einziger Hektar Wald vor einer vermeintlichen Rodung geschützt. Die Adressaten solcher Kontrollen und Überwachungen sind nicht in unserer nachhaltigen und gepflegten Forstwirtschaft zu suchen“, befürchtet Frieden eine Forstpolitik, die zum Scheitern verurteilt ist und die sogar die allgemeine Unzufriedenheit mit unserer Demokratie und der EU-Politik schürt. Frieden und Düsterdiek sprechen sich für eine Revision der Entwaldungsverordnung aus.

Novelle Bundeswaldgesetz

Mit Blick auf die angekündigte Novellierung des Bundeswaldgesetzes warnen die Kommunalwaldvertretenden davor, nicht auch im Wald den Fehler zu begehen, durch ständig verstärkte Regelwerke die Waldbewirtschaftung immer mehr zu bürokratisieren. „Es darf nicht dazu kommen, dass zukünftig draußen im Forstbetrieb mehr Kontrolleure als Waldarbeitende mit der Motorsäge unterwegs sind“, so Frieden. „Wir appellieren daher an den Bund, die Novelle von der Tagesordnung abzusetzen und zunächst eine Gesetzesfolgenabschätzung über die Auswirkungen und ungewollten Nebenwirkungen zu analysieren“, so Frieden und Düsterdiek.

Zur vom Bund angekündigten Novelle des Bundeswaldgesetzes mit geplanten umfassenden Neuregelung des Waldrechts betonte Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz des Landes Baden-Württemberg: „Das Bundeswaldgesetz und die bisherige Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern bei der Waldgesetzgebung haben sich bewährt. Vor allem weil sie wichtige und ausreichende Freiräume zur regionalen Ausgestaltung beinhalten, die es zu erhalten gilt. Ich lehne überdies Konkretisierungen bei der waldbaulichen Behandlung der Wälder und Strafbewährungen strikt ab.“

Wald ist Vielfalt, Wald ist Lebensraum und Wald ist eine Ressource. Ich setze mich in diesem Sinne weiterhin auf allen politischen Ebenen dafür ein, dass die Anliegen des Waldes und unserer Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer auch künftig Gehör finden. Ziel des Politikhandelns muss es sein, bei der multifunktionalen Bewirtschaftung des Waldes und in der Bewältigung der Herausforderungen im Klimawandel niemanden alleine zu lassen. Nur gemeinsam können wir den wichtigen Lebensraum Wald zukunftsfähig machen“, betonte Minister Hauk.

Oberbürgermeister Jürgen Roth äußert sich unzufrieden über die bisher bekannten Details aus dem Entwurf zum Bundeswaldwaldgesetz. „In Sonntagsreden wird Bürokratieabbau versprochen, in der Praxis erleben wir leider das Gegenteil. Kleinteilig und detailverliebt werden neue Vorschriften etabliert. Die Waldeigentümer haben in Deutschland doch über die Jahrhunderte bewiesen, wie verantwortungsvoll sie mit dem Wald umgegangen sind. Anstatt Vertrauen zu schenken wird der hoheitliche Hammer ausgepackt. Dafür habe ich kein Verständnis.“

Ähnlich kritisch sieht Jürgen Roth das Vorhaben zu entwaldungsfreien Lieferketten, EUDR genannt. „Dieser Verordnungsansatz hat sicher in Ländern eine Berechtigung, in denen Raubbau am Wald stattfindet. In Deutschland nimmt die Waldfläche seit Jahrzehnten beständig zu. Das ist durch die regelmäßigen Bundeswaldinventuren belegt. Was die Waldeigentümer wirklich brauchen, ist eine Unterstützung für den Waldumbau in der Klimakrise, da kommt aber bisher erheblich zu wenig.“

25.04.2024