Sachverständigenrat übergibt Stellungnahme zur Demokratiestärkung in ländlichen Räumen

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Der Sachverständigenrat Ländliche Entwicklung (SRLE) setzt sich aus zwölf Persönlichkeiten zusammen, die aufgrund ihrer ehrenamtlichen bzw. beruflichen Tätigkeiten oder Funktion über besondere Erfahrungen bezüglich der Entwicklung ländlicher Regionen verfügen. Die Expertinnen und Experten begleiten die Politik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Bereich der ländlichen Entwicklung und geben Stellungnahmen, Einschätzungen und Empfehlungen ab. In dieser Funktion hat der SRLE am 11.06.2024 eine Stellungnahme zur Demokratiestärkung in ländlichen Räumen vor dem Hintergrund rechtsextremistischer Demokratiegefährdung vorgelegt.

Zusammenfassung der Stellungnahme

Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa und weltweit zeigen sich eine sinkende Zufriedenheit mit dem erlebten System Demokratie und ein Erstarken rechtsextremer Kräfte. In Teilen der Bevölkerung erodiert das Vertrauen in die politischen Repräsentantinnen und Repräsentanten und die Demokratie. Die staatliche Handlungsfähigkeit wird infrage gestellt. Auch das Vertrauen in den gesellschaftlichen Zusammenhalt schwindet seit geraumer Zeit. In Deutschland zeigte sich dies unter anderen an den stark gestiegenen Stimmenanteilen der AfD bei Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen und deren zunehmender Radikalisierung. Die Europawahl 2024 spiegelt diese Entwicklung deutlich wider. Vor diesem Hintergrund und weiteren demokratiegefährdenden Entwicklungen begrüßt der Sachverständigenrat Ländliche Entwicklung ausdrücklich die im Mai 2024 verabschiedete „Strategie der Bundesregierung für eine starke, wehrhafte Demokratie und eine offene und vielfältige Gesellschaft“ (abrufbar unter www.bmi.bund.de, Alle Schwerpunkte, Maßnahmen gegen Rechtsextremismus) und die darin vorgesehenen Maßnahmen.

Die vorliegende Stellungnahme des SRLE zur Demokratiestärkung fokussiert auf die Demokratiegefährdung durch Rechtspopulismus und Rechtsextremismus, da Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus nach der o. g. Strategie weiterhin die größte Bedrohung für das demokratische Gemeinwesen in Deutschland darstellen. Sie zielt zudem auf ländliche Räume und ergänzt damit die in der Demokratiestrategie der Bundesregierung aufgeführten Darlegungen.

Der SRLE spricht folgende Empfehlungen für Bund, Länder und Kommunen aus:

  • Demokratiestrategie der Bundesregierung zügig und beständig umsetzen
  • Gleichwertige Lebensverhältnisse – ländliche Räume stärker in den Blick der Politik nehmen
  • Vertrauen in staatliche Institutionen stärken
  • Kommunale Handlungsfähigkeit verbessern
  • Gesetzgebung und Umsetzbarkeit verbessern
  • Zusammenhalt stärken – Gestaltungsprozesse vor Ort ausbauen
  • Geschlechtergerechtigkeit in der Politik fördern
  • Kinder-, Jugend- und Bildungsarbeit zur Demokratiestärkung ausbauen
  • Forschung zu raumwirksamen Bestimmungsfaktoren für rechtsextreme Einstellungen und Wahlpräferenzen ausbauen

Die Empfehlungen des SRLE richten sich an die politischen Akteurinnen und Akteure aller staatlichen Ebenen. Der SRLE ist sich aber bewusst, dass das Handeln aller gefordert ist. Um es mit den Worten von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede vom 21.01.2024 zu sagen: „Die Zukunft unserer Demokratie hängt nicht von der Lautstärke ihrer Gegner ab – sondern von der Stärke derer, die die Demokratie verteidigen.“

Anmerkung:

Die Forderungen und Hinweise des Sachverständigenrates betonen insbesondere die Notwendigkeit handlungsfähiger Kommunen, die Vertrauensstärkung in staatliche Institutionen sowie den Schutz von kommunalpolitisch Engagierten vor Hass und Anfeindungen im Hinblick auch auf die Sicherung der Demokratie. Denn handlungsfähige Kommunen können einer Entfremdung der Bürgerinnen und Bürgern von staatlichen Institutionen und den vor allem von Rechtspopulisten bedienten Narrativen entgegenwirken. Gefordert wird richtigerweise auch, dass es den Kommunen durch eine angemessene Finanzausstattung ermöglicht werden muss, ihre Pflichtaufgaben sowie ein Mindestmaß an freiwilligen Aufgaben ohne die Aufnahme von Krediten zu erfüllen. Ansonsten droht ein weitreichender Vertrauensverlust in staatliche Institutionen und die Demokratie, was wiederum ein Nährboden demokratischer Entfremdung sein und eine Stärkung rechtspopulistischer Parteien bedeuten kann.

Die Empfehlungen haben gerade im Wahljahr 2024 mit Blick auf die bevorstehenden drei Landtagswahlen und den zu großen Teilen besorgniserregenden Ergebnissen der insgesamt neun Kommunalwahlen (unter anderem in Sachsen-Anhalt am 09.06.2024) eine besondere Relevanz. Sie unterstreichen ausdrücklich die Forderungen, das Bewusstsein für die besondere Bedeutung der lokalen Demokratie fortwährend zu fördern, zu stärken und demokratiegefährdenden Einstellungen und Entwicklungen präventiv als auch repressiv mit aller Kraft zu begegnen.

Dies kann nur gemeinschaftlich mit einem Schulterschluss von Bund, Ländern, Kommunen und vor allem der Zivilgesellschaft gelingen. Das sogenannte Demokratiefördergesetz kann dabei eine Chance sein, um eine bundesgesetzliche Grundlage für eine dauerhafte und angemessene Förderung von Demokratiestärkungsmaßnahmen in den Kommunen zu schaffen.

Die 17-seitige Stellungnahme des SRLE ist abrufbar unter: www.bmel.de

23.07.2024