Ergebnisse der Bundeswaldinventur

Wandeweg Wald Natur

Die Bundeswaldinventur (BWI) ist ein zentrales Instrument zur Erfassung und Analyse des Zustands sowie der Entwicklung der Wälder in Deutschland. Sie wird alle zehn Jahre durchgeführt und bietet umfassende, repräsentative Daten über wichtige Faktoren wie Waldfläche, Baumartenverteilung, Altersstruktur und weitere ökologische Parameter. Die aktuelle BWI wurde Anfang Oktober d. J. vorgelegt. Sie wird von einer Vielzahl von Akteuren in Zusammenarbeit mit dem Thünen-Institut (TI) für Waldökosysteme realisiert, welches die wissenschaftliche Leitung innehat. Die Länder erheben die Daten, das TI wertet sie in enger Zusammenarbeit mit den Ländern aus.

Die Inventur ist eine zentrale Grundlage für die Entwicklung einer nachhaltigen Forstwirtschaft und der nationalen Waldpolitik. Auf Basis der Ergebnisse der BWI können gezielte Maßnahmen ergriffen werden, um den Waldumbau voranzutreiben und die Widerstandsfähigkeit der Wälder gegen Klimaveränderungen zu stärken. Darüber hinaus ermöglicht die BWI eine langfristige Planung, die sowohl ökonomische als auch ökologische Ziele in Einklang bringt.

Besonders in Zeiten der Klimakrise, in denen die Wälder zunehmend unter Druck geraten, sind die Erkenntnisse aus der Bundeswaldinventur von entscheidender Bedeutung. Sie helfen nicht nur, den Zustand der Wälder objektiv zu bewerten, sondern auch, die notwendigen Anpassungsstrategien zu entwickeln, um die vielfältigen Ökosystemleistungen der Wälder – wie Luft- und Wasserschutz, Erholungswert und CO2-Speicherung – langfristig zu sichern. So leistet die BWI einen wesentlichen Beitrag als Grundlage der Erhaltung der Biodiversität und zur Sicherstellung einer nachhaltigen Nutzung der Waldressourcen für zukünftige Generationen.

Zentrale Ergebnisse auf einen Blick:

  • Kohlenstoffspeicherung & Klimabilanz: Verlust von 41,5 Mio. Tonnen Kohlenstoff seit 2017. Der Wald ist erstmals seit Jahrzehnten zur Kohlenstoffquelle geworden. Dies unterstreicht die Notwendigkeit dringend erforderlicher Maßnahmen zur Anpassung und Wiederherstellung der Wälder, um ihre Rolle als Klimaschützer wieder langfristig zu stärken.
  • Waldfläche: 11,5 Millionen Hektar (+15.000 Hektar seit 2012). Die Waldfläche bleibt stabil, was ein positives Zeichen für den Erhalt dieser wichtigen Ressource als Basis für seine vielfältigen Ökosystemleistungen ist, insbesondere im Kontext der Flächenversiegelung durch Siedlung und Infrastruktur in einem dicht besiedelten und stark industrialisierten Land wie der Bundesrepublik.
  • Kalamitätsflächen: 2 Millionen Hektar Wald sind von Kalamitäten, also Schäden durch Naturgewalten, betroffen. Kalamitäten wie Dürre, Sturm und Borkenkäferbefall können einzelne Bäume, Baumgruppen oder ganze Bestände betreffen. Auf 34 Prozent der Kalamitätsflächen fand keine forstliche Nutzung statt, auf 20 Prozent wurden die abgestorbenen Bäume flächig genutzt. Die hohe Zahl der Kalamitätsflächen ist alarmierend und verdeutlicht die Notwendigkeit dringender Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz der Wälder gegen Schädlinge und Krankheiten.
  • Holzvorrat: In unseren Wäldern sind 3,6 Milliarden Kubikmeter Holz vorrätig. Bis 2017 war der Holzvorrat auf 3,8 Milliarden Kubikmeter angestiegen. Aufgrund von Stürmen, Trockenheit sowie der darauffolgenden Kalamitäten sowie einem um 16 Prozent rückläufigen Zuwachs sank der Zuwachs auf das Niveau von 2012.
  • Totholzanteil: Die Zunahme des Totholzanteils um 32 Prozent ist sowohl ein positives als auch ein negatives Zeichen. Totholz ist wichtig für die Biodiversität und bietet Lebensraum für viele Arten. Allerdings ist der Anstieg vor allem auf Klimaschäden zurückzuführen, was die Verwundbarkeit der Wälder in Bezug auf extreme Wetterereignisse verdeutlicht.
  • Anteil der Laub- und Nadelbäume: 48 Prozent Laubbäume und 52 Prozent Nadelbäume. Der Anstieg des Anteils an Laubbäumen ist ermutigend, da es die Resilienz gegen das sich verändernde Klima steigert.
  • Mischwälder: 79 Prozent der Wälder sind Mischwälder (+2 Prozent seit 2012). Die Zunahme des Anteils der Mischwälder ist ein positives Signal für die Biodiversität und die Resilienz der Wälder. Mischwälder bieten eine höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber Schädlingen und Krankheiten sowie eine bessere Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel. Diese Diversität trägt dazu bei, das Risiko von großflächigen Schäden durch Klimafaktoren zu verringern.
  • Durchschnittsalter der Bäume: Erhöht auf 82 Jahre (+5 Jahre seit 2012). 30 Prozent der Wälder sind älter als 100 Jahre, 20 Prozent sind älter als 120 Jahre. Die Erhöhung des Durchschnittsalters der Bäume ist ein positives Zeichen insbesondere für die Biodiversität in den Wäldern. Dennoch ist es wichtig, eine angemessene Altersstruktur zu erhalten, um die langfristige Vitalität der Wälder sicherzustellen.

Der Deutsche Forstwirtschaftsrat beurteilt die Ergebnisse der aktuellen Bundeswaldinspektion in einer Stellungnahme vom 08.10.2024 wie folgt:

Die Ergebnisse der vierten Bundeswaldinventur (BWI4) zeigen, dass die Bemühungen der Waldbesitzer und Forstleute Früchte tragen. Die Artenvielfalt in den deutschen Wäldern hat sich erhöht, die Fläche der Mischwälder ist gewachsen, und der Anteil an Totholz, welches vielen Arten als Lebensgrundlage dient, hat zugenommen. Dies ist das Resultat langfristig angelegter Waldumbau- und Artenschutzprogramme. Die Ergebnisse der BWI4 belegen, dass unsere nachhaltigen Bemühungen, die deutschen Wälder artenreicher und resilienter zu gestalten, erfolgreich sind. Insbesondere der Ausbau von Mischwäldern und die gezielte Förderung von Totholz als Lebensraum sind entscheidende Maßnahmen, um die Biodiversität zu stärken.

Das Thünen-Institut habe ausgerechnet, dass die Anpassung der Wälder an den Klimawandel in den nächsten 30 Jahren einen Kapitalbedarf von über 14 Milliarden Euro verlangen wird. Diese erheblichen Kosten können nur bewältigt werden, wenn sowohl der Bund als auch die Länder ihre Unterstützung bereitstellen. Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz kann lediglich eine Ergänzung zum bestehenden und allgemein anerkannten GAK-Förderprogramm darstellen. Zudem muss der Bund wieder in die Waldforschung investieren und dafür Mittel dauerhaft und verlässlich bereitstellen. Trotz der klimabedingten Verluste in Nadelwaldgebieten zeigt sich, dass Investitionen in Waldumbau und Naturschutzmaßnahmen in bewirtschafteten Wäldern positive Effekte haben. Dort, wo Fördergelder gezielt eingesetzt wurden, hätten sich diese Maßnahmen als lohnenswert erwiesen. Diese Erkenntnis müsse ein Weckruf an die Bundesregierung sein, mehr Mittel in den Waldumbau, die Wiederbewaldung, die Ausbildung von Fachkräften und die Forschung zu investieren.

Die BWI-Ergebnisse machen deutlich, dass es trotz regionaler Rückschläge durch den Klimawandel möglich ist, durch bestehende Gesetze und freiwillige Zertifizierungssysteme die deutschen Wälder strukturstärker, artenreicher und widerstandsfähiger gegenüber klimatischen Veränderungen zu gestalten. Der Ansatz der multifunktionalen Forstwirtschaft sichere den Wald für kommende Generationen und gewährleistet die nachhaltige Versorgung mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz.

28.10.2024