Erfolgsfaktoren für Gesellschaftsdienst
Die Pläne von Verteidigungsminister Boris Pistorius haben der Debatte um eine Wehrpflicht bzw. einen Gesellschaftsdienst eine neue Dynamik verschafft. Eine am 04.09.2024 veröffentlichte Studie der gemeinnützigen Hertie-Stiftung hat jetzt die Machbarkeit eines Gesellschaftsdienstes für alle untersucht und hat zudem den aktuellen Status, die derzeit in Deutschland diskutierten Modelle zusammengefasst sowie die wesentlichen Aspekte für eine erfolgreiche Umsetzung analysiert. Das Fazit: Ein Dienst, der zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts beiträgt, ist machbar und sollte nicht ausschließlich auf junge Menschen nach dem Schulabschluss zielen.
Nach Informationen der Hertie-Stiftung gibt es Beispiele aus anderen europäischen Ländern, welche die Chancen und die Komplexität der Aufgabe verdeutlichen. Nur mit einem klaren Rahmen, mit bedarfsorientierten Aufgaben und einem gesellschaftlichen Mehrwert auch über die Tätigkeit hinaus werde es gelingen, Akzeptanz für dieses Vorhaben in der Gesellschaft zu schaffen und die nächsten Schritte für eine Umsetzung zu gehen.
Untersucht wurden die aktuell vier diskutierten Vorschläge:
- Die soziale Pflichtzeit ausgerufen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Juni 2022.
- Ein verpflichtender Gesellschaftsdienst für junge Erwachsene, verankert im Grundsatzprogramm der CDU und ähnlich von der CSU gefordert.
- Eine selektive Wehrpflicht nach dem Modell Schwedens, wie sie Verteidigungsminister Pistorius im Juli 2024 vorschlug.
- Ein Recht auf Freiwilligendienst als Mittel der Wahl für Träger der heutigen Freiwilligendienste.
Als Erfolgsfaktoren für einen Gesellschaftsdienst würden die Autoren der Studie sechs Aspekte identifizieren, darunter den gezielten Einsatz von digitalen Technologien für ein effizientes Matching zwischen Angebot und Nachfrage, oder eine gezielte Qualifizierung vor, während und nach dem Dienst. Wichtig seien auch passende Formate für unterschiedliche Lebenslagen sowie konkrete Anreize wie z. B. Anrechnungen eines Dienstes als Fortbildung. In der Einbeziehung einer europäischen Perspektive würde das Autorenteam ein großes, bisher wenig genutztes Potenzial sehen – allein der strukturierte
Erfahrungsaustausch durch die Einrichtung eines europäischen Forums sei gewinnbringend sowohl für Europa als auch für den nationalen Diskurs
Anmerkung:
Viele ehemalige Wehrpflichtige, die den Grundwehrdienst bei der Bundeswehr abgeleistet haben, berichten bis heute, dass der Zusammenhalt – unabhängig von der gesellschaftlichen Herkunft – unter den Kameraden positiv in Erinnerung geblieben ist. Ein neuer Gesellschaftsdienst könnte ein ähnliches Fundament bieten und gleichzeitig Integration ermöglichen. Die Finanzierung dieses neuen Dienstes für Deutschland sollte dabei nicht im Zentrum der weiteren Debatte stehen. Denn der gesellschaftliche Zusammenhalt ist besonders in Krisenzeiten unbezahlbar. Wichtig ist zudem, dass den Bürgerinnen und Bürgern verdeutlicht werden sollte, dass unser Staat nicht ausschließlich Rechte gewährleistet, sondern auch staatsbürgerliche Pflichten mit sich bringt. Problematisch in diesem Zusammenhang bleibt jedoch der wachsende Arbeitskräftemangel in Deutschland. Insofern muss die Situation der Wirtschaft weiterhin berücksichtigt werden. Dies gilt auch für den öffentlichen Dienst.
Weiterführende Informationen:
Die Studie ist zu finden unter: www.ghst.de
Machbarkeitsstudie Gesellschaftsdienst: https://www.ghst.de/gesellschaftsdienst