Leopoldina empfiehlt bundesweite Strategie zur Luftreinhaltung
Im Zuge der Diskussion über die Sinnhaftigkeit der aktuellen Grenzwerte für Stickoxide hat die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina - Nationale Akademie der Wissenschaften, Halle (Saale), am 09.04.2019 die Stellungnahme „Saubere Luft - Stickstoffoxide und Feinstaub in der Atemluft: Grundlagen und Empfehlungen“ veröffentlicht und eine echte Verkehrswende anstatt kleinräumiger Fahrverbote gefordert.
Die Stellungnahme der Leopoldina stellt darauf ab, dass der aktuelle rechtliche Rahmen der Luftreinhaltepolitik durch die EU-Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft in Europa aus dem Jahr 2008 festgesetzt worden ist. Die Schadstoffbelastung in der Luft ist darüber hinaus trotz eines Zuwachses an Verkehr und Industrieproduktion dank Innovationen bei Brennstoffqualität und Abgasreinigung zurückgegangen. Für die Forscher zeigt dies, dass entschlossene Maßnahmen die Luftqualität deutlich verbessern können.
Verschärfung für Stickoxidgrenzwerte nicht notwendig
Für die Forscher der Leopoldina ist der Feinstaub in der Luft deutlich gesundheitsschädlicher als Belastungen durch Stickstoffoxid, sodass für sie eine Verschärfung des Grenzwertes, wie er teilweise gefordert wird, nicht vordringlich ist. Notwendig sei vielmehr eine Reduktion der Feinstaubbelastung in der Luft. Die Stellungnahme weist darüber hinaus darauf hin, dass im Straßenverkehr Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren nicht die einzige Quelle für Feinstaub seien. Er wird auch durch Abrieb von Reifen, Straßenbelag und Bremsbelägen erzeugt. Zur Belastung tragen auch Verbrennungsprozesse im Zusammenhang mit Energieversorgung und Haushalt, Landwirtschaft und Industrie bei. Einige dieser Bereiche sind bisher nicht gesetzlich geregelt.
Nachhaltige Maßnahmen statt Aktionismus
Bei der Reduzierung von Feinstaub brauche es Maßnahmen mit einer langfristigen Perspektive, die nicht nur den Straßenverkehr, sondern alle relevanten Schadstoffquellen, wie beispielsweise Holzöfen, mit in den Maßnahmenkatalog aufzunehmen. Dazu sollte es eine ressortübergreifende, bundesweite Strategie zur Luftreinhaltung geben, die dann Grundlage für die regionalen und lokalen Luftreinhaltepläne sein soll.
Teil dieser Maßnahmen muss nach Ansicht der Forscher ein schnelles Konzept für eine nachhaltige Verkehrswende sein. Diese kann nur durch ein Bündel von Maßnahmen, wie einer Vernetzung der Verkehrsträger (Bahn, Bus, PKW, Fahrrad), dem Ausbau des ÖPNV, die Förderung alternativer Antriebe, die Nachrüstung von zugelassenen Dieselfahrzeugen und eine Reform der Kraftstoffsteuern gelingen. Insgesamt müsse am Ende ein Konzept stehen, was eine mindestens gleichbleibende Mobilität als Garant für den Wohlstand in Deutschland gewährleistet.
Fahrverbote halten die Forscher als kleinräumige und kurzfristige Maßnahmen für nicht zielführend, da sich diese nur gegen einzelne Verursacher richten und zu Verkehrsverlagerungen auf andere Gebiete führen.
Die Stellungnahme kann auf der Homepage der Leopoldina unter:
in Volltext abgerufen werden. Die Leopoldina hat angekündigt, zur Vorbereitung und Begleitung der vorgeschlagenen Maßnahmen entsprechende Arbeitsgruppen einzurichten.