StVO-Novelle in Kraft getreten
Die 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 27.04.2020 (BGBl. I S. 814) ist am 28.04.2020 in Kraft getreten. Sie sieht insbesondere Maßnahmen zur Stärkung des Radverkehrs und Anpassungen des Bußgeldkatalogs vor. Aus kommunaler Sicht bildet die Novelle einen ersten Schritt auf dem Weg zu mehr kommunalen Steuerungsmöglichkeiten für die Neuaufteilung des Verkehrsraums und mehr Sicherheit im Radverkehr.
Hintergrund
Nachdem der Gesetzentwurf im Herbst 2019 vorgelegt wurde, stimmte der Bundesrat der Novelle am 14.02.2020 mit Maßgaben zu. Vorausgegangen waren intensive Diskussionen im Verkehrsausschuss des Bundesrates. Die kommunalen Spitzenverbände und weitere Verbände hatten zuvor sowohl gegenüber dem BMVI und den Ländern als auch im Rahmen einer öffentlichen Anhörung im Bundestag Stellung zu dem Gesetzentwurf genommen. Das Bundeskabinett nahm die Novelle am 23.03.2020 in der Fassung mit den Änderungen des Bundesrates zur Kenntnis.
Wesentliche Neuregelungen der Novelle
Die Novelle beinhaltet unter anderem zahlreiche Neuregelungen zur Stärkung des Radverkehrs. Hierzu zählt unter anderem das Festlegen eines Mindestüberholabstands von 1,5 Meter innerorts bzw. von 2 Meter außerorts für das Überholen von zu Fuß Gehenden, Radfahrenden und Elektrokleinstfahrzeugführenden durch Kraftfahrzeuge, die Einführung von Schrittgeschwindigkeit für rechtsabbiegende Kraftfahrzeuge über 3,5 Tonnen innerorts, die Ausweitung des Parkverbots vor Kreuzungen und Einmündungsbereichen und die Einführung neuer Verkehrszeichen wie unter anderem der Grünpfeil für Radfahrende, Fahrradzonen und Radschnellwege.
Zur Förderung des Carsharing werden unter anderem ein neues Sinnbild und eine Sinnbild-Plakette eingeführt, um bevorrechtigtes Parken für Carsharing-Fahrzeuge zu ermöglichen. Ebenso wird klargestellt, dass die zuständigen Straßenverkehrsbehörden Parkflächen für elektrisch betriebene Fahrzeuge durch ein Sinnbild auf der Fahrbahn hervorheben können.
Durch die Novelle werden Blitzer-Apps ausdrücklich verboten.
Die Regelungen zur Beantragung von Erlaubnissen und Ausnahmegenehmigungen für Großraum- und Schwertransporte ändern sich ab 2021 und es gibt es künftig bundeseinheitliche Gebühren.
Es werden zahlreiche Änderungen von Bußgeldern und dem Eintrag von Punkten in das Fahreignungsregister festgelegt, unter anderem für das verbotswidrige Parken auf Geh- und Radwegen sowie das nunmehr unerlaubte Halten auf Schutzstreifen und das Parken und Halten in zweiter Reihe. Für diese Verkehrsverstöße wurden die Geldbußen beispielsweise von derzeit ab 15 Euro auf bis zu 100 Euro erhöht.
Anmerkung:
Die Änderungen der StVO und weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften stellen einen wichtigen Schritt zu mehr Verkehrssicherheit im öffentlichen Straßenraum dar. Maßnahmen wie das generelle Halteverbot auf Schutzstreifen, ein Mindestüberholabstand oder Schrittgeschwindigkeit für Lkw beim Rechtsabbiegen erhöhen die Verkehrssicherheit für die Radfahrenden, erhöhen aber auch den Druck, Lösungen für andere Verkehrsteilnehmer, beispielsweise Lieferzonen für die City-Logistik, zu finden. Unter anderem hatte auch der ADFC-Fahrradklimatest gezeigt, dass gerade das Sicherheitsgefühl der Radfahrenden entscheidend für die Frage nach der Nutzung des Fahrrads als Alternative zum motorisierten Individualverkehr ist. Im Zuge der Corona-Pandemie erlebt der Radverkehr derzeit vielerorts einen Aufschwung. Dies darf nun nicht wie nach den letzten Unfallstatistiken auch mit einer Steigerung der Verkehrsunfälle mit Radfahrenden einhergehen.
Die Zeit drängt, denn um den Radverkehr sicherer zu gestalten und insgesamt zu stärken, fehlten den Kommunen bislang zeitgemäße Handlungsspielräume und vor allem finanzielle und personelle Ressourcen. Die StVO-Novelle kann in Kombination mit den neuen Bundesfördermitteln für den Radverkehr nun die Ausgestaltung einer guten und sicheren Radinfrastruktur vor Ort weiter befördern.
Um das Tempo bei der Verkehrswende zu erhöhen, braucht es anstelle starrer Vorgaben weitere Gestaltungsspielräume vor Ort, auch um den Verkehrsraum neu aufzuteilen. Hierzu gehört unter anderem, den Gebührenrahmen bei Anwohnerparkausweisen von 30,70 Euro jährlich, also nicht einmal 10 Cent pro Tag, endlich anzuheben.